Wehr

[Ein Wehr ist eine Stauanlage, die dazu dient, den Wasserstand eines Gewässers zu regulieren. Historisch nutzen Menschen einfache Stauanlagen bereits seit über 5000 Jahren, um die Bewässerung ihrer Felder sicherzustellen. Das taten sie indem sie Bewässerungsgräben mit einfachen Sperrvorrichtungen versahen. So konnte Wasser gezielt umgeleitet werden. Aus der Antike sind heute noch Anlagen bekannt, die Wasser aus weit entfernten Gegenden bis hin zu den Siedlungen transportierten und dort verteilten (z. B. Eifelwasserleitung). Vor der industriellen Revolution wurde Wasserkraft genutzt, um Mühlen mechanisch zu betreiben. Davon zeugen heute noch die zahlreichen Mühlengräben in der Region, die – durch Stauwehre abgegrenzt – dafür sorgten, dass Mühlen mit einem gewünschten Wasserdruck versorgt werden konnten. ]
An der Erft gibt es acht automatisch ge­steuerte und etwa 40 größere und kleinere Wehre, die der Erftverband betreibt. Fol­gend seien zwei etwas näher vorgestellt:

Wehr I Schloss Gymnich

Die Kölner Bucht ist die wasserburgen­reichste Gegend in ganz Europa. An der Erft gibt es eine Vielzahl dieser herrschaft­lichen Anwesen, die seit frühester Zeit mit einem Burgteich und/oder einem Wasser­graben umgeben sind. Dieser dient nicht nur Verteidigungszwecken, sondern auch der Standsicherheit. Die meisten Burgen wurden
auf Eichenpfählen errichtet. Sie besitzen eine hohe Tragfähigkeit, wenn sie ganz mit Wasser umgeben sind. Bei schwankenden Wasserständen beginnt bei solchen Pfahl­gründungen durch die Berührung mit Sauer­stoff die Zersetzung. Um den notwendigen Wasserspiegel um das Schloss zu erreichen und somit die Standfestigkeit zu gewährleis­ten, wurde Wasser mittels eines Wehres in der Kleinen Erft angestaut und Richtung Schloss Gymnich abgeleitet.

Wehr 2 Neuss-Selikum

In Neuss wird der frühere Einfluss von Napoleon Bonaparte im Rheinland noch sichtbar. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts
sollte eine schiffbare Verbindung zwi­schen dem Rhein und der Maas herge­stellt werden, die unter anderem für Nachschubzwecke im Kriegsfall dienen sollte. Die Idee für den Nordkanal war geboren. Die Verwirklichung dieser Idee endete aber schon kurz vor Mönchen­gladbach, im Bereich des heutigen Flug­hafens. Für die Wasserversorgung des Nord­kanals sahen die Ingenieure Napoleons ein ausgeklügeltes System von Stauein­richtungen in der Erft verbunden mit einem Gerinne von der Erft zum Nord­kanal, der Obererft, vor. Im Rahmen des Erftausbaus Mitte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde im Stadtgebiet Neuss die Erft be­gradigt und somit vom Napoleonswehr in östliche Richtung abgerückt. Um den aufgestauten Wasserspiegel in der Erft und damit die Wasserversorgung für die Obererft beibehalten zu können, musste
in Selikum ein weiteres Wehr gebaut wer­den. Dieses wurde in den Neunzigern in der Bauweise eines Schlauchwehres er­tüchtigt. Dabei wird ein Gummischlauch mit Luft oder Wasser so befüllt, dass sich dieser aufbläht und das Wasser wie bei
einem herkömmlichen Wehr anstaut. Aufgrund des heutigen sensibleren Umgangs mit ökologischen Fragen wurde neben das Wehr ein Fischaufstieg in Form eines naturnahen Beckenpasses gebaut. Damit wird die Möglichkeit der Auf­ und Abwärtswanderung der Fische und der kleinen sohlenbewohnenden Larven von der Mündung in Richtung Quelle sicher­
gestellt.

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